Tevo Tarantula Standard
Die Firma Gearbest kam auf das Forenteam zu und bot an, uns mal ein Testgerät zu stellen, sofern wir im Gegenzug einen Testbericht dafür in unserem Forum veröffentlichen. Der zu testende Drucker ist ein Prusa-Derivat von der Firma Tevo namens Tarantula, der in der getesteten Version ein Druckvolumen von 200x200x200 haben soll. An einigen Stellen lassen sich aber noch ein paar Millimeter herauskitzeln. Gearbest bietet den Drucker mit einer speziellen Versandmethode für Deutsche Kunden an, dem "Germany Express", bei der sich der Kunde nicht um Themen wie Zoll oder Einfuhrumsatzsteuer kümmern muss. Das Angebot von Gearbest ist hier zu finden:
http://www.gearbest.com/3d-printers-3d-printer-kits/pp_628790.html. Auch der Versand geht hierbei recht zügig - nach ca. 14 Tagen überreichte der Hermes-Bote das Paket.
Der Karton enthält einen teilweise vorbereiteten Bausatz, bei dem ein paar Anfänger-Fallen durch den Hersteller entschärft wurden. Unser Test soll aber keine Bauanleitung werden, daher gehen wir beim Bau nicht so sehr ins Detail, werden aber einige positive und negative Punkte herausheben. Geplant ist ein erster Testbericht und nach einem Testzeitraum von drei Monaten soll dann noch ein Resümee gefasst werden.
Unboxing
Der Karton, den der Hermes Bote bringt, erinnert beim Auspacken an ein Schummelpaket - man kämpft sich durch mehrere Lagen Verpackungsmaterial bis man auf die recht gut geschützten und aufgeräumt verpackten Innereien trifft. Das Ganze vermittelt auf den ersten Blick einen guten Eindruck und man sieht, dass Fa. Tevo auf das Aussehen viel Wert legt. Das Paket ist in Schichten gepackt, und die einzelnen "Abteile" enthalten viele lose Alu- und Acryl-Teile, und mit Buchstaben-/Zahlen-Kombinationen beschriftete Tütchen (A-1, B-6-2,...) für die einzelnen Bauabschnitte . Gedruckte Teile finden sich nicht im Bausatz.
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Das Erste, was einem ins Auge fällt, ist eine Bauanleitung in Form eines bunten Kunstdrucks, die sehr hochwertig aussieht, leider aber im späteren Verlauf nicht wirklich überzeugen kann.
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Auch das Hotend zieht Aufmerksamkeit auf sich, da schon weißes Filament heraus zu quellen scheint - das täuscht aber, denn das Hotend ist nur schon druckfertig zusammengesetzt und mit Wärmeleit-Kleber abgedichtet. Ob das ein guter Zug ist, sei dahin gestellt.
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Aufbau
Nach einem ausführlichen Blick in das Handbuch wird schnell klar, dass da noch weitere Hilfe benötigt wird. Zum Glück sind mehrere Verweise auf eine Facebook-Gruppe und Youtube-Videos in Form von QR-Codes zu finden. Für jemanden, der um Facebook einen großen Bogen macht und auch keinen QR-Code-Scanner auf seinem Handy hat, ist das allerdings nicht hilfreich und artet in eine echte Herausforderung aus - warum schreibt der Hersteller das nicht einfach noch im Klartext dazu? Nach Befragung einiger Suchmaschinen und der Hersteller-Webseite (
https://tevo-3d-printers.com/) können zumindest die Youtube-Videos gefunden werden. Leider halten sich die Videos nicht an das Handbuch, was zu weiterer Verwirrung führt und man muss sich entscheiden, welchen der beiden Wege man gehen möchte. Wir versuchen es mit einer Mischung aus beidem, Video ansehen und die entsprechende Stelle im Handbuch suchen.
Schon im ersten Teil fallen größere Unterschiede zwischen dem älteren Video und der neueren Anleitung auf. Letztere scheint allerdings auch noch nicht auf dem neuesten Stand zu sein, da das Hotend nicht mehr zur Bebilderung passt - da hilft nur Abwarten, ob das nicht bei der Endmontage Probleme gibt.
Nach den ersten paar verbauten Schrauben bekommt man aber eine Idee, wie das konzeptionell gedacht ist und wird auch ein wenig aus der Anleitung schlau. Dann geht es eine Zeitlang gut voran, bis man bei der Montage des Gerüsts und der Wagen angekommen ist. Egal, wie viel Mühe man sich beim Ausrichten aller Winkel gegeben hat, hier scheint alles krumm und schief zu sein und jede Schraube, die nochmals gelöst und wieder festgezogen wird, scheint das Problem nur zu verschlimmern. Dass es auch anderen so ergeht, sieht man dann auch in den Videos, wobei "ArcadEd" das nur lapidar mit "wir wissen ja, was man da machen muss" übergeht und einfach weitermacht. Es bleibt also nichts anderes, als es so gut wie möglich auszurichten und evtl. bei der Endmontage noch ein Wenig nachzuarbeiten.
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Zu manchen Themen schweigt sich die Bauanleitung auch einfach aus. So sucht man die Montage des Heizbetts auf dem Wagen vergeblich und bei der Elektrik hat man das Gefühl, sich in einem Adventure-Game zu befinden: Da kann man der Phantasie freien Lauf lassen - dieser Punkt ist weder anfängertauglich, noch wird er deutschen Sicherheitsanforderungen gerecht. Aber wenigstens ist ein grobes Bild für die Verkabelung vorhanden.
Sehr ärgerlich ist, dass sowohl im Video, als auch in der Anleitung Montage-Schritte in der falschen Reihenfolge angegeben sind, und man daher gezwungen ist, Teile nachträglich nochmal zu demontieren und zu zerlegen. Besonders ist da der X-Endstop zu erwähnen, für den man den gesamten X-Slider nochmal demontieren müsste - alternativ kann man auch ein paar M2-Schrauben passend kürzen und ein wenig improvisieren. Auch, dass das Bett, nach Anleitung montiert, so schief steht, dass es nicht funktionsfähig einzustellen wäre, ist für den Anfänger nicht zu handhaben. Richtet man sich dagegen nach dem Video, steht es in die Gegenrichtung genau so schief! Erst einige Herum-Probiererei und zwei Unterlegscheiben aus eigenem Bestand lösen das Problem halbwegs - der Schief-Stand ist von ca. 1 cm auf unter 1 mm gesunken.
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Die Verkabelung, die auch nicht besonders gut durchdacht scheint, taucht in keinem Werbe-Foto auf. Aus gutem Grund, da sehr viele Kabel einfach nur herumfliegen. Allen voran das Netzteil und das daran befindliche Kabel, da das Netzteil nicht am Drucker befestigt wird. Auch das Display fliegt lose herum, obwohl es sich am oberen Quer-Träger montieren ließe, aber dann hängen die Display-Kabel in der Gegend rum, wie Überlandleitungen und laufen parallel zu diversen Motorkabeln. Letzteres ist bei den langen Flachbandkabeln nicht zu empfehlen, da die Funktion des SD-Karten-Slots am Display dadurch gestört werden könnte. Ein Kabel, bei dem sich z.B. CTC etwas abgucken könnte, ist die Stromversorgung des Heizbetts, da hier nicht versucht wird, hohe Ströme durch kleine Querschnitte zu pressen, sondern gleich zwei Adern pro Pol genutzt werden.
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Hat man die Stolpersteine überwunden und die Verkabelung hinter sich gebracht, steht das Ganze nun so vor uns, wobei noch einige Stellen der Kabelverlegung verbessert werden könnten. Aber nun sind erste Tests angebracht.
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Nach dem Einschalten meldet sich eine Marlin 1.0.0 Version, was nicht mehr ganz Up-To-Date ist. Im Bausatz sind zwei Lüfter enthalten, die beide dauerhaft laufen sollen (für Hotend und Board/Motortreiber). Da kein zweites Hotend da ist, ließe sich dieser Anschluss zumindest für den Hotend-Lüfter zweckentfremden, was eine gute Entschuldigung ist, Marlin auf einen neuen Stand zu bringen. Aus der, in der Firmware fest eingestellten Home-Position von X-11/Y-41 kommt man nicht auf die versprochene Druckbett-Nutzung von 200x200, also ist auch hier eine Anpassung der Firmware nötig.
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Auch das Einfädeln des Filaments in den Extruder gestaltet sich schwierig, denn der mitgelieferte Pushfit lässt nicht zu, den Bowden hindurch zu schieben, er ist ein klein wenig zu eng. Nach kurzer Bearbeitung mit der Handreibahle ist er dann aber einsatzbereit.
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In Simplify3D ist der Tevo Tarantula schon im Wizard vorhanden, daher ist der Slicer schnell konfiguriert und es geht an die Nivellierung des Bettes. Nach ein paar Sekunden versteht man, warum Prusa-Besitzer ein automatisches Bett-Leveling haben wollen, denn die Schrauben an einem, sich bewegenden Bett feinfühlig zu drehen, ist nicht wirklich einfach. Hier sind auch ein paar selbst gedruckte Rändelmuttern angebracht, um sauberer drehen zu können. Beim Druck fällt dann sehr schnell auf, dass hier ein paar extrem wichtige Teile fehlen: ein Bauteil-Kühler und ein Filament-Halter. Man sollte ein Verbot erlassen, 3D-Drucker ohne diese Teile zu verkaufen! Bei Thingiverse wird man aber mit Erweiterungen und Verbesserungen zum Tevo Tarantula praktisch überflutet, und kann schnell Abhilfe schaffen, sofern man schon einen Drucker hat.
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Das erste Druckteil ist der obligatorische "Würfel mit Loch", der mit minimal abgeänderten Vorgaben aus S3D in PLA gedruckt wird und nicht wirklich überzeugen kann. Das Loch macht aber zumindest einen runden Eindruck und die Maße weichen auch nicht so enorm ab, dass man etwas an der Firmware ändern müsste. Das einzige Problem ist, dass der Würfel sich nicht vom Untergrund lösen lassen will. Als echter 3DDCler geht einem sofort "ich will Pertinax" durch den Kopf, aber nun muss der Würfel erst runter, ohne die Bett-Beschichtung zu zerstören. Nach diversen Versuchen über mehrere Stunden klappt es dann, einen geschärften Spachtel vorsichtig unter den Würfel zu meißeln. Auch die nächsten Drucke lassen sich ähnlich schwer ablösen und ziehen teilweise die aufgeklebte Beschichtung vom Alubett - ein Umstand, der langfristige Folgen hat, da sich hier kleine Beulen bilden, die sich nicht mehr beseitigen lassen und die auch in jedem weiteren Druck zu sehen sind. Erst eine Bearbeitung des Bettes mit schwitzigen Fettfingern sorgt für ein einigermaßen normales Haft-Verhalten...
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Bei den Drucken fällt auf, dass der Extruder immer wieder zurückspringt und klackert. Dies zeigt sich natürlich auch im Druck durch halb verhungerte Bahnen. Wie aber eingangs beschrieben, hat Tevo das Hotend mit Wärmeleitkleber versiegelt und so lässt es sich nicht "mal kurz" zerlegen und ausrichten. Ein Erhöhen des Motorstroms, die Prüfung des Bowdens und das Leeren der Düse mit einem 2mm-Federstahl zeigten aber ein wenig Erfolg und somit wurde der inzwischen sechste Würfel gut genug, um die Einstellungen als Basiskonfiguration zu sichern, mit der alle weiteren Tests gedruckt werden, und die Bauphase als abgeschlossen zu betrachten.
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Ich trenne den Bericht hier mal auf, da die Bearbeitung in einem einzigen Post nur noch aus Rauf- und Runter-Scrollen besteht.
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